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Vegetative Vermehrung
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Für alle hier erwähnten Verfahren gilt:
- Sobald ein Messer an der Pflanze zum Einsatz kommt, sollte dieses zuvor desinfiziert werden. Die Schnittstellen an der Orchidee sollten mit Kohle- oder Schwefelpulver bestreut werden, um auch hier die Bakterien abzutöten.
- Ab Ende April sind die Überlebenschancen des "Nachwuchses" aufgrund des steigenden Lichtangebotes am besten. Deshalb ist der Frühling die beste Zeit für die vegetative Vermehrung.
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Kindel
Entwickeln sich an einer Stellen der Orchidee plötzlich Blätter, an der eigentlich Blüten auftreten sollten (also an den Bulben, bei Phalaenopsis am Blütenstengel), so hat man die besten Chancen, seine Orchidee zu vermehren. Den kleinen Ableger der entsteht, nennt man Kindel oder Keiki und tritt z.B. bei den Gattungen Phalaenopsis, Dendrobium, Epidendrum und Calanthe auf. Was ist dann zu tun ? Erst mal sollte man sich in Geduld üben. Mindestens zwei Blätter und mehrere cm lange Wurzeln sind notwendig, damit das Kindel allein überleben kann. Nach ca. einem Jahr ist dieser Zustand oft erreicht. Je grösser der Ableger ist, desto grösser sind die Überlebenschancen. Bis es so weit ist, sollte man das Kindel gelegentlich ansprühen, um es zu kräftigen. Besonders bei niedriger Luftfeuchte ist diese Massnahme wichtig. Ist ein eigenständiges Pflänzchen entstanden und/oder wird der Stengel an dem das Kindel hängt gelb, trennt mal den Ableger mit einem scharfen, desinfizierten Messer ab. Das Kindel wird nun in Orchideensubstrat gepflanzt. Dabei hat es sich bewährt, grosse Stücke des Substrats manuell zu zerkleinern, um es den kleinen Wurzeln anzupassen. Im Fachhandel ist auch Jungpflanzensubstrat erhältlich, welches genau auf die Bedürfnisse der kleinen Orchideen zugeschnitten ist. Die neue Orchidee braucht nun viel Luftfeuchte um anzuwachsen. Deshalb sollte man den Topf in den ersten Wochen entweder in ein kleines Fensterbankgewächshaus stellen oder den Topf mit einer durchsichtigen Plastiktüte überstülpen, in der sich zahlreiche Luftlöcher befinden. Das Minigewächshaus sollte man mindestens einmal am Tag gut durchlüften, die Plastiktüte sollte täglich für einige Zeit entfernt werden, damit nichts fault oder schimmelt.
Eine alternative Methode für Phalaenopsis-Kindel ist das Aufsetzen des Kindels auf Substrat. Dazu wird der Ableger an der Mutterpflanze belassen. Ein kleiner Topf mit feinem, leicht feuchtem Substrat (siehe oben) wird unter das Kindel gestellt. Das Kindel oder die Wurzel dürfen auf die Oberfläche des Substrates vorsichtig aufgeliegen. Nach einigen Wochen, werden die Wurzeln in das Substrat eindringen. Sitzt das Kindel fest im Topf, kann man die Verbindung zur Mutter durchtrennen. Der Topf kann nun mit etwas zusätzlichem Substrat aufgefüllt werden.
Ist zu beobachten, dass die Orchidee anwächst, kann man nach wenigen Wochen einen sehr stark verdünnten Dünger anwenden, um das Wachstum zu fördern.
Leider bilden sich Kindel oft nicht ohne weiteres, bestimmte Arten und Hybriden neigen dazu, andere nicht. Im Orchideen-Fachhandel gibt es eine kleine "Entscheidungshilfe" für Phalaenopsis-Orchideen. Sogenannte Keikipaste enthält ein Hormon, welches die Bildung eines Kindels fördern soll. Sie wird im Abstand von mehreren Tagen auf ein "schlafendes Auge" des Blütenstandes aufgetragen. Mit Glück bildet sich nach einigen Wochen ein Kindel - eine Erfolgsgarantie gibt es aber nicht.
Was tun, wenn sich keine Wurzeln bilden ?
Entweder, man befestige einen mit wenig feuchtem Substrat gefüllten kleinen Plastikbeutel am unteren Teil des Kindels (z.B. mit einem Gummi) oder mit bindet vorsichtig etwas Moos um den unteren Teil des Kindels. Das Moos muss jeden Tag besprüht werden.
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Kindel bei Epidendrum Foto: Brigitte Bertram
Kindel an Phalaenopsis Foto: Gregor
Kindel bei Calanthe Foto: Brigitte Bertram
Kindel bei Dendrobium tetragonum Foto: Brigitte Bertram
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Teilen
Hat eine Pflanze insgesamt mehr als 8 Bulben und mindestens zwei Neutriebe (zwei Wuchsrichtungen), kann man sie teilen. Bei der Teilung von wirklich grossen Pflanzen erhält man nicht nur eine neue Pflanze, sondern sorgt auch für eine Verjüngung der Pflanzen. Das Risiko, dass die Orchidee blühfaul wird, sinkt dadurch. Teilen sollte man immer dann, wenn die Orchidee umgetopft werden muss, um Störungen klein zu halten.
Mit einem scharfen Messer oder einer Gartenschere muß man dann das Rhizomen (Verbindung zwischen den Bulben) durchtrennen, vorsichtig auseinanderziehen und die Teile wieder eintopfen Wirklich teilungsfähige Pflanzen fallen manchmal schon von allein auseinander. Jedes Teilstück muß aus mindestens vier Bulben bestehen. Es ist oft besser, etwas länger zu warten, bevor man die Pflanze teilt. Große Pflanzen wachsen oft schneller als die Teilstücke. Z.B. kann es bei einer Teilung zu längeren Blühpausen kommen.
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Rückbulben
Manche Orchideenarten lassen sich auch vermehren, indem man beim Umtopfen abgeschnittene, blattlose, aber noch grüne Rückbulben einpflanzt. Bei einigen Arten sind mindesten drei Bulben nötig, andere kommen mit einer Bulbe aus. Manche Orchideen bilden dann an der Rückbulbe einen Neutrieb - viele Bulben verfaulen aber auch nach ein paar Wochen. Einen Versuch ist diese Methode aber immer Wert, schliesslich kann man dabei nichts verlieren.
| Rückbulbe einer Brassia
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Nodienkultur
Gute Erfolge bei der Vermehrung lassen sich mit der sogenannte Nodienkultur erzielen. Geeignet sind z.B. Dendrobium phalaenopsis, Dendrobium nobile (Hybride mit deren Beteiligung) und Phajus tankervilleae.
Blattlose aber grüne Rückbulben die mindestens zwei Knoten haben müssen (sehr lange Bulben können mit einer scharfen Schere geteilt werden), werden in eine Schale mit Torf, Anzuchterde oder Sphagnum gelegt und bei ca. 23-25 °C gehalten. Die Schale wird mit einer durchsichtigen Plastikhaube oder -folie abgedeckt, um die Luftfeuchtigkeit zu erhöhen. Um Schimmel zu verhindern, muss regelmässig gelüftet werden. Nach einigen Wochen können neue Triebe wachsen, aus denen eigenständige Pflanzen werden. Haben sich mehere cm lange Wurzeln gebildet, können die gewonnenen Jungpflanzen eingetopft werden. Dazu kann dann z.B. Jungpflanzensubstrat verwendet werden. Hier gelten die gleichen Hinweise, die Sie unter dem Punkt "Kindel" lesen können.
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Nodienkultur Phaius tankervilleae zu Beginn...
... und nach 3 Wochen (Fotos: Jens G.) Eine ausführliche Beschreibung im Forum
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Kopfstecklinge
Oft kann man bei monopodial wachsenden Orchideen wie z.B. Vanda und Angraecum die Bildung von Wurzeln im oberen Drittel der Pflanze beobachten. Diese Wurzelbildung kann man durch das Anbringen von Moos an der entsprechenden Stelle fördern. Das Moos sollte immer feucht gehalten werden. Sind genügend Wurzeln vorhanden, kann man diesen Kopfsteckling von der Mutterpflanze vorsichtig abtrennen und allein weiterwachsen lassen. Der Steckling sollte nach der Trennung in ein luftiges Gemisch aus Torf und Moos gesetzt werden, um die weitere Wurzelbildung zu fördern.
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