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Wachtumsfaktor Wasser



Richtig giessen

Einleitung

Der häufigste Fehler bei der Orchideenpflege ist der falsche Dosierung des Gießwassers. Als Faustregel gilt: Orchideen die Bulben ausbilden, sollten erst wieder gegossen werden, wenn sie kurzzeitig fast ausgetrocknet waren. Orchideen ohne Bulben dürfen meist nie ganz austrocknen, jedoch sollte auch hier das Substrat angetrocknet sein, bevor wieder gegossen wird. Der Wasserbedarf der einzelnen Gattungen, Arten und Hybriden unterscheidet sich stark. Informationen welche Gattung wie viel Wasser benötigt, liefert Ihnen die Kulturdatenbank. Gieß- und Sprühwasser sollten generell Umgebungstemperatur haben, wenn sie verwendet werden. Sonst kann es zu einem Absterben von Pflanzengewebe kommen.

Ein wichtiger Punkt bei der Orchideenpflege ist die Wasserqualität. Orchideen leben an den Naturstandorten vom Regenwasser. Im Regenwasser sind nur sehr geringen Mengen Salze gelöst. Das Wasser, das aus unseren Leitungen stammt, ist dagegen oft Grundwasser. Wenn Regenwasser auf die Erde fällt und dann versickert, lösen sich auf dem Weg zum Grund je nach Bodenbeschaffenheit mehr oder weniger Salze. Das von den Wasserwerke wieder nach oben gepumpte Wasser enthält also je nach Region unterschiedlich viel Salz, das in diesem Fall allgemein auch als Kalk bezeichnet wird. Die Salzkonzentration eines Trinkwassers wird in Deutschland in Grad deutscher Härte (°dH) angegeben. Welche Salzkonzentration das Wasser hat, das aus Ihren Leitungen kommt, können Sie bei den Wasserbetrieben erfahren.

Die Leitfähtigkeit

Eine andere und genauere Möglichkeit mehr über die Qualität eines Wassers zu Erfahren, ist die Messung der Leitfähigkeit.

1. Theorie

Die Leitfähigkeit ist ein Maß für die Summe aller Salze, die in einem Wasser gelöst sind. Mögliche Salze die zu dieser Summe führen sind Kalk und Dünger. Die Leitfähigkeit steigt proportional zur Summe der gelösten Salze an. Der Wert ist stark von der Tempertur abhängig, allerdings berücksichtigen Messgeräte diese Abhängigkeit und gleichen sie aus. Mit Hilfe der Leitfähigkeit lässt sich die Qualität eines Giesswassers einfach beurteilen. Gemessen wird sie in µS/cm.

Für die Messung benötigt man ein entsprechndes Messgerät, das auch Konduktometer genannt wird. Ein einfaches pH-Meter ist zum Messen der Leitfähigkeit nicht in der Lage. Ein Leitfähigkeitsmessgerät gehört nicht unbedingt zur Grundausstattung eines Orchideenfreundes, allerdings ist es ein sehr hilfreiches und sinnvolles Werkzeug. Einfache, neue Geräte kosten ca. 50 Euro und reichen für die Zwecke der Orchideenpflege völlig aus.

Von Zeit zu Zeit und gleich nach der Anschaffung sollte man die Ergbnisse die so ein Gerät liefert überprüfen. Im Handel sind Kalibrierlösungen erhältlich, die eine bestimmte Leitfähigkeit haben, die auf der Flasche vermerkt ist. Zeigt das Gerät einen Wert an, der erheblich von diesem Sollwert abweicht, lassen sich manche Geräte mittels eine Schraube neu einstellen. Bei anderen hilft eine gründliche Reinigung der Elekrode. Danach sollte destilliertes Wasser gemessen werden, nun muss eine Leitfähigkeit von 0 µS/cm angezeigt werden.

2. Welche Leitfähtigkeit sollte ein Giesswasser haben, damit es für die Orchideenpflege geeignet ist ?

Um diese Fragen streiten sich die Orchideen-Experten häufig. Die Angaben reichen zwischen 800-30 µS/cm, die Wahrheit hängt von der Orchidee ab. Meist vertragen Hybride Wasser mit einer hohen Leitfähigkeit besser als Naturformen. Zwar sterben Orchideen nicht gleich ab, wenn man mit reinem Leitungswasser gießt, jedoch kann sich das Wurzelwachstum bei zu hoher Salzkonzentration reduzieren, was zu vermindertem Wachstum der ganzen Pflanze führt. Im Extremfall können Wurzeln wegen der Salze regelrecht verbrennen, z.B. wenn man dem Giesswasser zu viel Dünger zusetzt. Düngersalze erhöhen die Leitfähigkeit stark. Will man also Düngen, muss das verwendete Wasser besonders weich, also frei von Kalk und anderen Salzen sein, weil man diese durch den Dünger zufügt. Die in der Tabelle angegebenen Werte sind Richtwerte und beziehen sich auf das reine Giesswasser, ohne Dünger. Sicher gibt es Orchideenfreunde, die höhere Werte zulassen oder die generell alle Orchideen mit extrem salzarmen Wasser giessen. Sicher führen hier viele Wege zu einem guten Ergebnis.
 


Orchidee

maximale Leitfähigkeit des Giesswassers
µS/cm

Hybride mit unempfindlichen (dicken) Wurzeln (z.B.Phalaenopsis, Cattleya, Cymbidium, grosse Bulbophyllum-Arten) 400
Naturformen und Hybride mit unempfindlichen Wurzeln 300
Naturformen und Hybride mit sehr empfindlichen Wurzeln (z.B. viele Arten der Gattungen Dracula, Disa, Phragmipedium) 30-100


Wasseraufbereitung

Reines Leitungswasser ist also in den meisten Fällen für die Orchideenpflege auf Dauer ungeeignet, da es zu viel für Orchideen unbrauchbaren Kalk enthält und somit die Leitfähigkeit zu hoch ist. Um Kalk aus dem Wasser zu entfernen und somit die Wasserqualität zu steigern, lassen sich verschiedene Methoden anwenden. Alle haben Vor- und Nachteile und verursachen unterschiedliche Kosten:

1. Regenwasser sammeln:

Besitzer eines Gartens können Regenwasser als Gießwasser verwenden. Dabei müssen jedoch einige Punkte beachtet werden:

- Das Regenwasser muß sauber sein, der Garten sollte also nicht mitten in der Stadt liegen. Autoabgase und Staub verunreinigen das Regenwasser sonst zu stark.
- Das Wasser sollte nicht von einem stark verunreinigten Dach stammen, da es beim Ablaufen zu stark verschmutzt wird.
- Das Regenwasser muß kühl und dunkel gelagert werden, um eine Ausbreitung von Bakterien zu verhindern.

Vorteile:
- sehr billig
- Regenwasser hat einen sehr niedrigen Salzgehalt, daher ist jede gewünschte Salzkonzetration durch Mischen einstellbar.

Nachteile:
- Nicht überall ist sauberes Regenwasser verfügbar und kann gesammelt werden.
- Regenwasser muss dunkel und kühl aufbewahrt oder desinfiziert werden, sonst ist es nur kurz haltbar.

2. Wasser abkochen

Durch Kochen des Leitungswassers entfernt man die sogenannte temporäre Härte aus dem Wasser. Diese fällt als Kesselstein aus. In Gebieten mit recht niedriger Wasserhärte kann diese Maßnahme schon ausreichen. Bei sehr hartem Wasser reicht ein Abkochen des Wassers nicht aus.

Vorteile:
- einfach durchzuführen

Nachteile:
- nur in Regionen mit niedriger permanenter und hoher temporärer Härte sinnvoll
- hohe Energiekosten

3. Mischen mit destilliertem (vollentsalztem) Wasser

Hat man nicht all zu viele Orchideen zu versorgen, kann man sich destilliertes Wasser (also Wasser ganz ohne Salze) kaufen und dieses mit Leitungswasser oder Dünger mischen. Auf keinen Fall dürfen die Pflanzen mit reinem destillierten Wasser gegossen werden. Generell gilt:

Bei sehr hartem Wasser (20-30 °dH) muß ein Teil Leitungswasser mit zwei Teilen destilliertem Wasser gemischt werden.
Bei mittelhartem Wasser (8-20 °dH) muß ein Teil Leitungswasser mit einem Teil destilliertem Wasser gemischt werden.
Bei sehr weichem Wasser (8-4 °dH) braucht kein destilliertes Wasser zugesetzt werden.

Diese Methode läßt sich schnell und bequem durchführen, hat aber den Nachteil, daß hohen Kosten anfallen. In Baumärkten gibt es destilliertes Wasser in 5-10 l Kanistern. Dieses sind natürlich billiger als 1 l Flaschen. Niemals darf man dieses destillierte Wasser direkt zum Giessen verwenden ! Einen Teil der im Wasser gelösten Salze braucht das Pflanzengewebe, sonst wird es zerstört.

Vorteile:
- durch Mischen ist jeder beliebige Salzgehalt einstellbar

Nachteile:
- hohe Kosten, für grosse Orchideensammlungen daher zu teuer
- das Wasser muss herangeschafft werden

4. Wasserfilter

Im Handel werden Wasserfilter angeboten, die eigentlich für die Herstellung von Tee- oder Kaffeewasser gedacht sind. Aber auch zur Herstellung von Gießwasser für Orchideen eignen sich diese Filter gut. Dabei werden dem Wasser die störenden Salze (Kalk) entzogen und gegen Protonen ausgetauscht. Das gefilterte Wasser kann direkt zum Gießen verwendet werden, da sie das Wasser nur zum Teil von den Salzen befreien. In Gegenden mit sehr hartem Wasser, kann ein mehrmaliges Filtern nötig sein. Mit der Zeit sättigt sich die im Filter enthaltene Patrone, sie ist nicht mehr in der Lage, die Salze aus dem Wasser zu filtern. Natürlich lassen sich die Patronen austauschen.

Vorteile:
- einfach durchzuführen
- schnell

Nachteile:
- Gewinnung des Wasser recht langsam, für grosse Orchideensammlungen daher zu mühsam
- nur Teilentsalzung möglich

5. Umkehrosmose-Anlagen

Wie der Name es schon sagt, hier ist der Aufbau einer kleinen Anlage erforderlich, die in verschiedenen Preisklassen und Grössen erhältlich ist. Das Wasser wird über eine Membran von den Salzen befreit. Diese Membran muss von Zeit zu Zeit ersetzt und/oder regeneriert werden. Für den Betrieb ist eine Wasserzufuhr und ein Abfluss erforderlich. Die Investition lohnt sich für Orchideenfreunde mit einer grösseren Sammlung, die auch sehr empfindliche Orchideen enthält. Das Wasser aus dieser Anlage ist nahezu salzfrei und muss deshalb unbedingt mit Leitungswasser oder Dünger gemischt werden, bevor es bei Orchideen zur Anwendung kommt (siehe Punkt 3).

Vorteile:
- Restleitfähigkeit des behandlten Wasser ca. 10 µS, daher durch Mischen jede beliebige Salzkonzentration einstallbar
- geringe laufende Kosten
- grosse Mengen Wasser verfügbar

Nachteile:
- einmalige Anschaffungskosten
- fester Platz für die Anlage nötig
- es entsteht viel Abwasser

 
Fotos: W. Apel
 
6. Ionenaustauscher

Das Prinzip

Früher für den Hobbyanwender schwer erhältlich, sind Ionenaustauschersäulen heute zu einer echten Alternative geworden, da diese im Aquaristik-Bereich eingesetzt und deshalb entsprechend häufiger angeboten werden. Für eine Vollentsalzung, wie sie als Rohwasser für Orchideen sinnvoll ist, sind zwei Säulen nötig: Das in der ersten Säule enthaltene Harz tauscht zunächst die vom Kalk stammenden Kationen (z.B.Ca2+, Mg2+) gegen H+-Ionen (Protonen) aus. (Dafür muss das Harz in seiner H-Form vorliegen, was bei der Auslieferung der Fall ist.) Auf diese Weise entstehen Säuren, die durch die zweite Säule entfernt werden. Das dort enthaltene Harz tauscht die enthaltene Anionen (z.B.HCO3-, SO42-) gegen OH-- Ionen aus. (Dafür muss das Harz in seiner OH-Form vorliegen, was bei der Auslieferung der Fall ist.) Aus der ersten Säule ankommende Protonen und die OH--Ionen reagieren miteinander zu Wasser. Übrig bleibt nur das reine, nun salzfreie Wasser.

Die Kapazität

Für Orchideenfreunde mit Sammlungen unter 50 Pflanzen reichen unter umständen Säulen mit einer Höhe von 30 cm und einem Durchmesser von 8 cm. Hat man mehr Orchideen zu versorgen, eignen sich die Säulen mit doppelter Höhe oder mehr besser. Ausserdem hängt die Wahl der geeigneten Grösse auch von der Härte des Leitungswassers ab, das man entkalken möchte. Die Kapazität einer Austauschersäule wird in "Härtelitern" angegeben. Diese Werte klingen zunächst sehr hoch, jedoch muss bedacht werden, dass ein "Härteliter" ein Liter Wasser mit einer Härte von einem °dH entspricht. Trinkwasser aus den Leitungen hat jedoch meist einen höheren Kalkgehalt. Kommt aus der Wasserleitung also z.B. Wasser mit einer Härte von 10 °dH und lassen sich mit einer Säule 5000 Härteliter entkalken, so ist die Säule bereits nach 500 l erschöpft. Die Angabe "Härteliter" muss also immer durch den Kalkgehalt in °dH geteilt werden.
Die Tauschvorgänge der Harze sind jedoch umkehrbar, d.h. man kann diese regenerieren. Je mehr Harz für den Ionenaustausch zur Verfügung steht, desto seltener muss dieses regeneriert werden. Jeder Ionentauscher hat also nur eine bestimmte Kapazität, danach wird das eingeleitete Wasser nur noch unvollständig und später gar nicht mehr entsalzt. Das Harz des Kationenaustauschers ist meist mit einem Farbindikator versehen, der sich rot verfärbt, wenn die Kapazität des Harzes erschöpft ist. Ist fast das gesamte Harz der Säule rot gefärbt, muss regeneriert werden.
Gerade bei kleinen Säulen ist es wichtig, das Wasser nicht zu schnell durch die Austauscher laufen zu lassen. Bei einer niedirgen Durchflussgeschwindigkeit hat das Tauscherharz mehr Zeit alle Salze aus dem Wasser zu entfernen; das Ergebnis ist Wasser mit einer niedrigeren Leitfähigkeit. Gerade wenn die Kapazität der Säulen nachlässt, sollte man die Durchflussgeschwindigkeit drosseln um bessere Ergbniss zu erzielen.

Die Regeneration

Dazu wird der Kationenaustauscher mit Salzsäure und der Anionentauscher mit Natronlauge (Ätznatron) gespült. Nach diesem Spülvorgang werden die Säure- und Laugenreste gründlich ausgespült, danach sind die Harze wieder uneingeschränkt einsetzbar. Überschüssige Säure und Lauge werden einfach zusammengegossen, neutralisieren sich dabei und können so leicht und umweltfreundlich entsorgt werden. Die Regeneration der Harze ist fast unendlich oft wiederholbar. Bei der Regeneration ist also der Umgang mit ätzenden Säure und Lauge nötig. Dabei muss an die eigene Sicherheit gedacht werden, z.B. sind unbedingt Schutzbrille und Handschuhe zu tragen. Unerfahrene Anwender sollten die Regeneration von Fachleuten durchführen lassen.

Die Säulen lassen sich problemlos mit Aquarienschläuchen verbinden und an einen Wasserhahn anschliessen. Das Wasser aus diesen Austauschersäulen ist nahezu salzfrei und muss deshalb unbedingt mit Leitungswasser oder Dünger gemischt werden, bevor es bei Orchideen zur Anwendung kommt (siehe Punkt 3).

Vorteile:
- Die Restleitfähigkeit des behandelten Wassers liegt zwischen 10 und 30 µS, daher ist durch Mischen jede beliebige Salzkonzentration einstallbar.
- sehr geringe laufende Kosten
- grosse Mengen Wasser sind sehr schnell verfügbar
- Die Säulen nehmen nicht viel Platz weg und können jederzeit weggestellt werden.

Nachteile:
- Umgang mit ätzenden Säuren und Laugen nötig
- einmalige Anschaffungskosten
 
Ionenaustauscher
 




 
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